Die Orgel der Stadtkirche Lauterbach
Die jetzige Orgel ist wahrscheinlich das insgesamt 7. Instrument in einer Lauterbacher Kirche, auch in der Marienkirche stand ein Instrument. Mit dem Bau der Stadtkirche wollte man auch eine neue Orgel haben, zumal der Raum nun deutlich größer war als die Marienkirche.
1768 wurde schließlich die neue Orgel in Dienst genommen. Sie stammte aus der Werkstatt von Philipp Ernst Wegmann (1734-1778) und hatte zwei Manuale (Tastenreihen), Pedal und 24 Register (Klangfarben).
Von der Wegmann-Orgel sind bis heute das Gehäuse und der Prospekt (Schauseite der Orgel) inklusive Pfeifen erhalten geblieben. Daher wirkt die Orgel auf den ersten Blick wie ein historisches Instrument - was sie jedoch nicht ist, aber dazu später mehr.
Die Wegmann-Orgel war Anfang des 20. Jahrhunderts - nach 150 Jahren! - unspielbar geworden, zunehmend hatten sich Materialverschleiß und Funktionsausfälle bemerkbar gemacht. 1906 baute die Firma Friedrich Weigle ein neues Werk mit 29 Registern auf zwei Manualen in den historischen Prospekt ein. Die Registerschaltungen und Pfeifenansteuerungen funktionierten nicht mehr mechanisch, sondern pneumatisch, und entsprachen damit dem neuesten Stand der Technik. Auch der Klang war zeitgemäß wesentlich grundtöniger geworden (es gab allein 13 labiale 8‘, im Pedal vier labiale 16‘). Das Gehäuse wurde von 1,30m auf heutige 3,70m vertieft. Die Prospektpfeifen wurden stummgeschaltet und dienten nur noch als Zierrat.
Im Ersten Weltkrieg mussten viele Prospektpfeifen abgeliefert werden, um daraus Munition oder Konservendosen zu machen. In Lauterbach konnte das zum Glück wegen des besonderen kulturgeschichtlichen Wertes verhindert werden.
Die Weigle-Orgel wurde zunehmend störanfällig: 1970 - nach bereits 64 Jahren - funktionierten nur noch 12 von 29 Registern. Außerdem hatte sich der Zeitgeschmack erneut gewandelt und der grundtönige Klang gefiel nicht mehr. Daher wurde 1973 die Firma Hermann Hillebrand aus Altwarmbüchen bei Hannover mit dem Neubau beauftragt. Auch sie baute das neue Werk in den historischen Prospekt ein, diesmal wieder mit mechanischer Spieltraktur, die wesentlich präziser und auch haltbarer ist.
Die Orgel ist nun wie man sie heute kennt und hat 39 Register auf drei Manualen und Pedal. Die alten Prospektpfeifen von 1768 klingen glücklicherweise heute wieder. Auch von der Weigle-Orgel sind einige Pfeifen erhalten geblieben.
1999 wurde eine elektronische Setzeranlage eingebaut, die es ermöglicht, Registerkombinationen schnell abrufbar zu speichern und somit den kontrastreichen Wechsel der Klangfarben deutlich erleichtert.
Die Lauterbacher Orgel hat eine inspirierende Fülle an Klangfarben und füllt den großen Kirchenraum ganz wunderbar mit ihrem schönen Klang. Möge sie noch viele Jahre ihren Dienst tun!